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Von aussen betrachtet ist es ganz schön kompliziert mit diesen Lebensmitteln, die wir via Food-Kooperative El Comedor organisieren. Zusammen mit etwa 60 anderen Gruppen bestellen wir in vier Bestellrunden insgesamt etwa 20 Tonnen im Jahr. In unserer WG muss ich mir immer zuerst einen Überblick verschaffen, was in Keller und Küche noch vorrätig ist. Dann kommt die eigentliche Bestellaktion. Am schönsten ist es, wenn wir als WG einen Event daraus machen können, wo man über die angebotenen Waren redet, Rezepte diskutiert und auch etwas Feines zusammen isst. Manchmal gehen dabei die Gäule mit einem durch und man bestellt viel zu viel. Manche Lebensmittel haben einfach zu verlockende Namen. Du stellst dir schon vor, damit dann etwas Aussergewöhnliches zu kreieren, zum Beispiel eine Polenta aus Farina bóna, dem Mehl aus gerösteten Maiskörnern, das im Tessin auf traditionelle Weise hergestellt wird. Oder es nimmt dich einfach wunder, wie ein Risotto aus Waldstaudenroggen schmeckt. Einmal haben wir nicht genau hingeschaut bei der Gebindegrösse und aus Versehen fünf Kilo Leinsamen bestellt. Naja, da haben wir dann eine Weile öfters ein Säcklein voll als Gastgeschenk mitgebracht. Und selber essen wir auch immer noch davon.

Einen Monat später treffen die Waren in einem zentralen Lager ein. Von dort gelangen sie in die verschiedenen Depots, wo sie auf die Bestellgruppen verteilt werden, die ihre Bestellung dann auch abholen. Die ganze Arbeit wird von Freiwilligen gemacht, abwechslungsweise, alle zusammen leisten wir jedes Jahr etwa 800 Stunden. Ich mach da gerne mit, die angelieferten Waren kontrollieren, verteilen – man muss höllisch gut aufpassen, dass man keine Fehler macht, sonst führt das zu mühsamen Verwirrungen.

Wenn die Bestellung im Haus ist, vor allem Papiersäcke in allen Grössen, geht es ans Abfüllen in Gläser und Büchsen in der Küche, werden Reste in den Keller gebracht und die Inventarliste aktualisiert. Das Ergebnis ist, ästhetisch und kulinarisch, ein Schlaraffenland. Es gibt Mehle, Pasta, Reis, Gerste, Polenta oder eben Farina bóna, Hülsenfrüchte, Kerne, Nüsse, Pilze, Tomatenkonserven, Hafermilch, Essig und Öl, Gewürze, eingemachte Artischocken und Oliven, Schokolade, aber auch Waschmittel oder Pflanzendünger. Wenn man es gut im Griff hat, ist der Einkauf an Haltbarem für das kommende Vierteljahr erledigt, das schaffen wir aber leider nicht immer. Wir haben auch ein Gemüseabonnement, das uns jede Woche einen Korb voll frischem Gemüse und Salat direkt vom Bauernhof beschert. So reicht es locker, wenn man einmal pro Woche den Rest besorgt.

Früher war ich keine, die Vorräte anlegt, das war mir viel zu mühsam. Jetzt finde ich es genial. Du beschäftigst dich mit hochwertigen Lebensmitteln und neuen Kochrezepten. Beim Verteileinsatz triffst du nette Leute, mit denen du Kocherfahrungen austauschen kannst, und auch grossartig: kein Stresseinkauf kurz vor Ladenschluss mehr! Das Beste: Wir haben tolle Sachen in der Küche und das regt mich immer wieder zu neuen Menus an, ein Genuss!

Dies ist Geschichte Nr. 5 aus unserer Reise ins El-Comedor-Universum. Über den Hintergrund von Comedor könnt ihr hier lesen.

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Stories for future wurde von Moritz Jäger und Gabi Hildesheimer von Tsuku ins Leben gerufen. Die Stiftung Mercator Schweiz unterstützt das Projekt mit einem finanziellen Beitrag. Weitere Interessenbindungen bestehen nicht.

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