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In der Schweiz werden jeden Tag tonnenweise noch wunderbare Bananen weggeworfen. Seit über einem Jahr finden wir mit unserem Verein «Mehr als Zwei» heraus, was man mit geretteten Bananen alles so anstellen kann. Die getrockneten Bananenstängeli laufen schon wunderbar. Unser Trockner aus dem Thurgau beliefert jetzt schon vierzig Läden und Farmy. 2020 haben wir dreieinhalb Tonnen Bananen getrocknet und 5975 Säckli verkauft. Das tönt schon noch toll!

Wir vermitteln die geretteten Bananen auch an die Gelateria Kalte Lust. Aus einer Vierteltonne Bananen haben sie zwanzigtausend Glacebecher gemacht. Für ein gutes Glace müssen die Bananen einen genauen Süssegrad aufweisen, da gehts um den richtigen Gefrierpunkt oder um die richtige Cremigkeit. Wir haben gemessen und oh Wunder, unsere Bananen haben perfekt gepasst. Ab und zu braucht man halt Glück im Leben.

Sowohl für die getrockneten Bananenstängeli als auch das Bananenglace konnten wir einen Kreislauf kreieren, der sich auch wirtschaftlich rentiert. Ich glaube, die grossen Lebensmittelanbieter in der Schweiz könnten bereits heute viele solcher Kreisläufe selbsttragend gestalten und damit riesige Mengen an Lebensmitteln retten. Das ist allein eine Frage des Willens, er Vernetzung, und allenfalls noch der Logistik. Ich las zum Beispiel einmal, dass ein Gemüse- und Früchtehändler aus dem Thurgau versucht, seine Überschüsse zu vermarkten. Der war drei Dörfer weiter als der Betrieb, der auch unsere Bananen trocknet, also fragte ich meinen Kontakt dort: ja, kennst du den, könntest du die übrigen Früchte nicht trocknen? Da stellte sich heraus, dass das bereits seit fünfzehn Jahren ihr Apfellieferant ist. Aber über andere Früchte hatten sie nie zusammen gesprochen.

Eine neue Idee sind Smoothie-Beutel aus geretteten Früchten. Das wäre die perfekte Food-Waste-Lösung. Bananen und Äpfel hats fast immer zu viel und für Smoothies kann man auch Früchte verwenden, die nicht perfekt ausschauen. Und wir sind jetzt mit einer Hofbrauerei an einem Bananenbierexperiment. Das gibt jetzt erst mal 300 Liter Bier, die 450 Fläschli sind bereits verkauft.

Unserer Gesellschaft ist irgendwie abhandengekommen, dass wir die Dinge auch ohne unmittelbaren monetären Anreiz anpacken. Ich glaube, das lohnt sich auf längere Frist eben häufig auch ökonomisch, das zeigt ja auch unser Beispiel. Die Frage ist nur, wer ganz am Anfang dafür bezahlt. Denn das ist Arbeit, die nicht einer einzelnen Firma zugutekommt, sondern dem Gesamtsystem. Vielleicht bräuchte es kein bedingungsloses Grundeinkommen, sondern ein Grundeinkommen, um Foodwaste zu reduzieren. Menschen, die an allen erdenklichen Orten übrige Lebensmittel aufspüren und mit Produzenten zusammenbringen: Im Stil von Rapid Prototyping, zehn Experimente pro Jahr pro Person. Am Ende des Monats gibt das vielleicht noch keinen Kapitalgewinn. Aber am Schluss kommt etwas Ökologisches und Soziales heraus, das aber eben auch wirtschaftlich rentiert. Das wäre doch mal ein sinnvoller Beruf.

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Stories for future wurde von Moritz Jäger und Gabi Hildesheimer von Tsuku ins Leben gerufen. Die Stiftung Mercator Schweiz unterstützt das Projekt mit einem finanziellen Beitrag. Weitere Interessenbindungen bestehen nicht.

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